Vorab: Kokosöl ist natürlich nicht giftig. Kokosöl ist ein gutes Lebensmittel. Und Ernährungsmediziner, die wissenschaftlich arbeiten, verfügen über zahlreiche wissenschaftlich fundierte Daten. So gibt es inzwischen mehrere tausend Studien und Untersuchungen, die man zurate ziehen kann, wenn es um Fragen geht wie: Was ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung? Welche Nährstoffe sind wichtig? Und welche Lebensmittel sind empfehlenswert?
Leider gibt es dennoch immer wieder Experten, die viele relevante Studien nicht kennen und deshalb eine veraltete Faktenlage verbreiten.
Irreführend wird das, wenn diese Experten einen Professoren- oder Doktortitel tragen und trotz vorhandener guter Studien unwissenschaftliche, faktenlose Thesen aufstellen. Dies verunsichert, da sich Menschen darauf verlassen, dass „Wer einen Professoren- oder Doktortitel trägt, auch wissenschaftlich arbeitet“.
Ein solch verwirrendes Beispiel gibt es seit ein paar Wochen auf YouTube. So stellt Frau Prof. Dr. Dr. Michels, Direktorin des Instituts für Prävention und Tumorepidemiologie des Universitätsklinikums Freiburg, in ihrem vielbeachteten Vortrag „Kokosöl und andere Ernährungsirrtümer“ Thesen auf, die in wesentlichen Bereichen nicht dem aktuellen Wissensstand entsprechen.
Um welche Thesen handelt es sich? Was ist korrekt? Was entspricht nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft?
Um welche Thesen handelt es sich?
Wir haben uns die Mühe gemacht, Frau Michels‘ komplette Vorlesung durchzuarbeiten und ihre 51 aufgestellten Punkte kritisch zu hinterfragen. Vorab: Prof. Michels erwähnt zahlreiche gute Aspekte, die wissenschaftlich korrekt sind. Leider verrennt sich Frau Michels bei wichtigen Themen mehrfach. So ist sie der Meinung, dass Kokosöl Gift sei, da es gesättigte Fettsäuren enthält und es keine einzige Humanstudie zum Thema Kokosöl gebe. Aus gleichem Grund empfiehlt sie Butter zu meiden, meint, dass rotes Fleisch schlecht und krebserregend sei und gibt auch die Empfehlung, glutenhaltige Lebensmittel nicht einzuschränken.
Um das Thema überschaubar zu halten, haben wir ihre beiden wichtigsten Thesen „gesättigte Fettsäuren und Kokosöl“ wissenschaftlich aufgearbeitet. Am Ende des Beitrags finden Sie darüber hinaus alle Thesen, die Frau Michels aufgestellt hat. Zu jeder haben wir ein kurzes Statement zum aktuellen Stand der Wissenschaft verfasst. 40 ihrer Aussagen waren richtig, 24 falsch.
>> PDF: „Aussagen von Prof. Dr. Dr. Michels“ >>hier klicken<< und herunterladen
Was sind gesättigte Fettsäuren?
Gesättigte Fettsäuren gerieten aufgrund von Korrelationsstudien seit den 60er Jahren in Verruf, da man glaubte, dass die gesättigten Fettsäuren z. B. aus Milch und Fleisch das Herzinfarktrisiko erheblich steigern würden. Diese Korrelationsstudien von Keys wurden später als falsch eingestuft. Mehrere Studien und Meta-Analysen (u. a. Cochrane) konnten inzwischen beweisen, dass gesättigte Fettsäuren (z. B. in Milch, Fleisch, Kokosfett) nicht mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert sind (Hoenselaar 2012, Hooper 2011, Mente 2009, Skeaff 2009). Auch andere große Korrelationsstudien bestätigen, dass es keinen Zusammenhang zwischen gesättigten Fettsäuren, Herzinfarkt, Gehirnschlag und Sterblichkeit gibt (Chowdhury 2014, De Souza 2015, Siri-Tarino 2010). Eine philippinische Korrelationsstudie bestätigt dem Kokosöl sogar eine schützende Wirkung auf das Herz (Feranil 2011).
Zusätzlich bestätigt eine aktuelle wissenschaftliche Übersichtsarbeit in der Medizinzeitschrift Gasteroenterology (Gershuni, August 2018), dass die frühere Annahme „gesättigte Fettsäuren = Herzinfarkt“ nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht und dass gesättigte Fettsäuren zu einem gesunden Leben notwendig sind.
Auch die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) hat aufgrund evidenzbasierter Studienlage 2017 die gesättigten Fettsäuren aus dem Milchfett (also Butter und Sahne) als gesundheitsförderlich eingestuft.
Was hat das mit dem Kokosöl zu tun?
Frau Prof. Dr. Dr. Michels begründet ihre Aussage, Kokosöl sei Gift, wie folgt: „Kokosöl ist schlechter als Schweineschmalz, denn es enthält mehr gesättigte Fettsäuren“.
Frau Prof. Michels bekräftigt ihre Aussage in einer Stellungnahme (siehe Literatur) mit einer Langzeitstudie der Arbeitsgruppe Zong et al (2016). In dieser Studie wurde jedoch kein Kokosöl untersucht, sondern im Rahmen von Abfragen, die sehr ungenau in einem vierjährigen Rhythmus gemacht wurden, Korrelationen bestimmt. Zum Verständnis: Bei Korrelationsstudien wird abgefragt, wie oft etwas in der Vergangenheit gegessen wurde, ohne wissenschaftliche Betreuung und Messung. Da abgefragte Personen deshalb nur ungenau antworten können, haben diese Studien die zweitschlechteste wissenschaftliche Evidenz (Klasse III) und sind deshalb nicht aussagekräftig. Erwähnenswert ist, dass gerade die von Frau Michels zitierte Korrelationsstudie belegt, dass die mittelkettigen Fettsäuren, aus denen Kokosöl aus 65-70% besteht, kein erhöhtes Herzinfarktrisiko im Vergleich zu einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren, pflanzliche Proteine, oder Vollkornprodukten haben. Hier folgert Frau Michels aus einer schlechten Korrelationsstudie auch noch etwas Falsches.
Gibt es keine positiven Humanstudien zum Thema Kokosöl?
Ebenso ist Prof. Michels der Meinung, dass es keine positiven Humanstudien zum Thema Kokosöl gibt. Das entspricht jedoch nicht der Studienlage, die wir im Folgenden darstellen. Unzählige Tier- und Zellstudien unterstützen die gesundheitliche Wirkung von Kokosöl, was wir hier jedoch nicht weiter ausführen wollen.
Folgende positive Eigenschaften sind zum Thema Kokosöl durch Humanstudien bereits bekannt:
- Kokosöl verbessert Alzheimer-Erkrankungen
Neue Studien zeigen, dass durch Kokosöl auch Symptome von Alzheimer-Erkrankungen verbessert werden können (de la Rubia Orti 2018, Hu Yang 2015). Dieses Potenzial von Kokosöl bei Alzheimer-Erkrankungen wird einerseits durch den Anteil mittelkettiger Fettsäuren erklärt, da diese Ketonkörper bilden, was in anderen Studien mit mittelkettigen Fettsäuren bereits zu Verbesserungen von Alzheimer-Symptomen geführt hat (Cunnane 2016, Reger 2004). Andererseits enthält Kokosöl auch Polyphenole, die die Bildung von Amyloid-Plaques verhindern können (Fernando, 2015). - Kokosöl verringert Zahnfleischentzündungen und Plaquebildung
Kokosöl verringert Zahnfleischentzündungen und Plaquebildung der Zähne schon nach sieben Tagen. Hierbei wird täglich Kokosöl im Mund hin- und hergeschwenkt (Peedikayil, 2015). Erklärt wird dies durch die antimikrobielle Aktivität der mittelkettigen Fettsäure Laurinsäure. Diese antimikrobielle Aktivität von Kokosöl wurde schon von Ruzin et al (2000) nachgewiesen. - Kokosöl verhindert die Progression von Parkinson
Kokosöl verhindert die Progression von Parkinson, was in einer neuen Studie von Mischley et al (2017) mit 1053 untersuchten Parkinson-Patienten nachgewiesen wurde. - Kokosöl verringert die Nebenwirkungen einer Chemotherapie
Kokosöl verringerte in einer Studie auch die Nebenwirkungen einer Chemotherapie und verbesserte dadurch die Lebensqualität von Brustkrebspatienten (Law 2014). - Kokosöl ist gut für Herz und Blutgefäße
Schon Prior et al (1981) konnte nachweisen, dass Menschen auf der südpazifischen Insel Tokelau keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen kennen, obwohl dort die Gesamtenergieaufnahme zu 63 % aus Kokosöl besteht. Zum gleichen Ergebnis kamen Lindeberg und Lundh (1993): Auf Papua-Neuguinea, wo Kokosöl ebenfalls eine Hauptenergiequelle ist, kennt die Bevölkerung keinen Herzinfarkt. Darüber hinaus belegen weitere Studien zum Thema Kokosöl, wie gut Kokosöl für Herz und Blutgefäße ist, z. B. die Studie von Assuncao et al (2009). Hier wurden einer Studiengruppe täglich 30 ml Sojaöl gegeben, die andere Gruppe bekam täglich 30 ml Kokosöl. Das Ergebnis: Im Vergleich zur Sojaölgruppe gingen bei der Kokosölgruppe sowohl der Gesamtcholesteringehalt als auch das LDL-Cholesterin zurück – auch das schützende HDL-Cholesterin verbesserte sich in der Kokosölgruppe. Die Humanstudie von Cardoso et al (2015) zeigte ebenso einen durch Kokosöl verbesserten HDL-C Wert, der ein geringeres Risiko für Herzinfarkt darstellt. In einer weiteren Humanstudie mit Frauen zeigte Kokosöl sogar gegenüber einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren eine größere Verringerung von Entzündungen und reduzierte darüberhinaus den Risikofaktor Lp(a) für Herzinfarkt stärker. Müller et al (2003).
Fazit: Kokosöl ist ein sicheres und gutes Lebensmittel.
Ihr Dr. Wolfgang Feil
Übersicht über die 51 aufgestellten Punkte von Prof. Dr. Dr. Michels
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Literatur
- Michels, K. (2018). Statement von Frau Professor Dr. Dr. Karin Michels zum Vortrag „Kokosöl und andere Ernährungsirrtümer“. Retrieved from https://www.uniklinik-freiburg.de/fileadmin/mediapool/09_zentren/ipe/pdf/Statement_von_Frau_Professor_Michels.pdf
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